Reinhard Mey im Wiener Konzerthaus

Am Freitag, den 2. März 2018 gab der Berliner Liedermacher Reinhard Mey zum ersten Mal seit 10 Jahren ein Konzert in Wien.

Reinhard Mey im Wiener Konzerthaus

Reinhard Mey im Wiener Konzerthaus

Es war ein tolles Erlebnis, Reinhard Mey wieder auf der Bühne erleben zu dürfen.

Um 20 Uhr wurde es dunkel im Großen Saal des Wiener Konzerthauses. Unter großem Applaus lief ein Mann in schwarzer Hose, mit schwarzem Hemd und weißen Haaren auf die Bühne. Er verneigte sich vor seinem Publikum und griff zu seiner Gitarre. Obwohl seine Studioaufnahmen schon auch orchestriert sind, gibt es auf den Konzerttourneen die Lieder immer solo – ein Mann und seine Gitarre. Reinhard Mey braucht auch keine bunte Bühnenshow mit Backroundsängerinnen und Lasershow. Er erzählt, er singt, und er begeistert sein Publikum von der ersten bis zur letzten Minute des Abends.

Zu Beginn seines Konzertes erinnert sich Reinhard Mey daran, dass es heute fast auf den Tag genau 50 Jahre her ist, dass er das erste Mal nach Wien kam, um seinen ersten Plattenvertrag zu unterschreiben. Es war damals ähnlich kalt wie heute. Er reiste bloß mit einer dünnen Jacke; so ging sein Manager mit ihm erst mal einen Mantel kaufen.

Reinhard Mey wollte immer ein Spielmann werden – daran erinnert er sich auch in seinem ersten Lied des Abends: „Spielmann bin ich geworden, bin ein Stelzenläufer, Gaukler bin ich, ein Seiltänzer, ein Taugenichts, Vorsänger, Lautenschläger, bin ein Traumverkäufer, …“

Das Konzert ist Teil der Tournee zum aktuellen Album „Mr. Lee“. Der Künstler hat aus seiner langen Karriere eine riesengroße Auswahl an beliebten Liedern. Er verzichtet in dem Programm aber darauf, einen Hit nach dem anderen zu liefern. Reinhard Mey stellt seinem Publikum den größten Teil seiner neuen Lieder vor und mischt in das Programm aber auch viele, tolle Lieder aus seinem reichen Repertoire.

Programmheft - Tournee 2017/2018

Programmheft – Tournee 2017/2018

Unter den aktuellen Liedern gibt es wieder eine Menge an Chansons mit genialen Texten. Sie sind vielleicht ein wenig melancholischer als seine früheren Werke; mag sein, dass dafür auch der schwere Schicksalsschlag des Verlusts einer seiner Söhne verantwortlich ist. Reinhard Mey bringt aber auch bei ernsten Themen jede Menge Witz und Situationskomik. Er beweißt eindrucksvoll, was mit der deutschen Sprache alles möglich ist.

„Herr Fellman, Bonsai und ich“ – es läutet. Am Gartentor steht ein spärlich bekleideter, älterer Herr, der meint, hier zu wohnen. Er wird eingelassen, bekommt zu trinken, Kekse und eine warme Decke; aber was nun? … Nun kommt zum Glück Herr Fellmann des Weges. Der kräftige, tätowierte Nachbar ist Türsteher und geht gerade mit seinem Hund Bonsai spazieren. Die beiden Herren spannen den Hund vor den Rollator, stützen den verwirrten Mann und bringen ihn ins Haus „Waldesruh“ gerade rechtzeitig zum Abendessen zurück. Hier wird er schon seit Stunden verzweifelt gesucht.

„Lucky Laschinski“ sind die Geschichte und die Abenteuer einer Katze oder eines Katers, die oder der sich eine neue Gastfamilie gesucht hat. Das Tier erhält den Namen „Lucky“ nach dem Kater aus der Fernsehserie Alf und „Laschinski“ nach Tante Gerlinde.

Mein persönliches Lieblingslied aus dem neuen Album ist „So viele Sommer“. In diesem Lied erinnert er sich an viele, schöne, gemeinsam verbrachte Sommer. Es ist nicht selbstverständlich so ein Glück erleben zu dürfen. Und wie viele dieser schönen, gemeinsamen Sommer wird es noch geben?

Pause

Pause

Auf „Mr. Lee“ ist diesmal kein politisches Chanson. Angesichts der aktuellen politischen Tendenzen, der fortschreitenden Umweltzerstörung, den Kriegen und der „beiden geistesgestörten Clowns“, die mit der Atombombe hantieren greift der Künstler aber auch an diesem Abend zur Gitarre und lässt „Das Narrenschiff“ vom Stapel.

2014 hatte Reinhard Mey beschlossen, sein bekanntestes Lied – „Über den Wolken“ – 10 Jahre nicht mehr zu singen. Er hat dann aber doch wieder Lust dazu bekommen und so fehlte es auch an diesem Abend nicht.

Wie bei allen Reinhard Mey-Tourneen gibt es auch diesmal ein neues, noch unveröffentlichtes Lied: „In der Uckermark“. Es beschreibt darin die Vorzüge des modernen Massentourismus … oder sollte es vielleicht doch besser ein Erholungsurlaub sein?

Reinhard Mey auf der Bühne im Großen Saal vom Wiener Konzerthaus

Reinhard Mey auf der Bühne im Großen Saal vom Wiener Konzerthaus

Der Künstler hat ersucht, während des Konzertes keine Smartphones zu benutzen, nicht zu fotografieren und auch nicht zu filmen. Ich hatte mich daran gehalten und keine Fotos gemacht. Beim vermeintlich letzten Lied habe ich dann aber darüber nachgedacht, zumindest ein Foto zu machen. Unter den bösen Blicken von meiner Frau habe ich aber meine Tasche dann doch wieder zu gemacht. Es ging das Licht im Saal an, und Reinhard Mey bedankte sich beim Publikum, dass es seinen Wunsch respektiert hat. Eine Zugabe hat er jetzt aber noch bereit und bei dieser darf gerne fotografiert oder auch ein Video gemacht werden …

Reinhard Mey - Gute Nacht, Freunde

Reinhard Mey – Gute Nacht, Freunde

Ein wunderschöner Abend geht mit langem Applaus zu Ende. Die Zeit verging so schnell!

Ein großer Teil seines Publikums war zu Beginn seiner Karriere noch nicht auf der Welt, einige sind mit seinen Liedern groß geworden, andere älter oder alt. An dem Mann auf der Bühne scheint die Zeit – mal abgesehen von den weißen Haaren – scheinbar spurlos vorübergegangen zu sein. Er spricht, er singt über viele verschiedene Themen, Stunden lang, klar, deutlich verständlich, auswendig, zitiert Nestroy, Goethe und STS, ist in allen Facetten der deutschen Sprache zuhause, auch bei jungen, modernen Themen und Redewendungen und scheint nie müde zu werden.

Wir sind dann vom Konzerthaus zum Stephansplatz zu Fuß gegangen, um den Abend noch etwas wirken zu lassen. Als ich durch die Tür des Konzerthauses meinen ersten Fuß in die kalte Nacht setzte, machte ich noch einen schnellen Blick auf meine Uhr … 23:30 Uhr! Das kann doch nicht sein … aber doch … meine Uhr ging richtig. Gut, es gab zwar eine kurze Pause, aber selbst wenn man diese abzieht, so bleiben immer noch fast drei Stunden Programm.

Mir fehlen die Worte … DANKE … Reinhard … für den tollen Abend und bis bald!

Gitarre

Gitarre

 

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